Strukturelle Veränderungen und Zusammenlegungen machen auch vor der Rhön nicht Halt: Die SKG Gersfeld, in den vergangenen Jahren ins Niemandsland der Fußball-B-Liga abgestürzt, geht im Sommer den Schritt über die Landesgrenze und schließt sich dem VfR Stadt Bischofsheim an. Nicht als Spielgemeinschaft, sondern als geschlossener Wechsel aller verbliebener Spieler zum bayrischen Verein, wo mit der Gersfelder Unterstützung eine zweite Mannschaft entsteht, die aber auch weiterhin in Hessen das eine oder andere Spiel absolvieren soll.

Fusion Gersfeld Bischofsheim

Es ist ein Schritt, wie ihn wahrscheinlich nur wenige gehen würden. Doch Gersfelds Fußballchef Michael Weinig ist überzeugt. „Erstens kämpft jeder Verein mit dem Nachwuchs, es kommen immer weniger A-Jugendliche, und die Älteren im Seniorenbereich hören so langsam auf. Und wir haben eine geografische Lage am äußersten Zipfel des Kreises Fulda – einen hierher zum Fußballspielen zu bewegen, ist relativ schwierig“, zählt Weinig zwei Punkte auf, die zu den Gedanken geführt hatten.

Ein dritter ist aber der größte und wichtigste für den Funktionär, der auf ein „Hallo-Wach“ auch für andere Clubs hofft: „Ich mache das jetzt schon 16 Jahre, aber mich stört vor allem, dass die Spieler in den untersten Klassen schon Geld verlangen. Ich sitze hier mit einigen, die 250 Euro im Monat haben wollen – wir haben uns auf die Fahne geschrieben, dass wir kein Geld für Spieler zahlen, wir sind ein Amateurverein, aber leider ist das Mode geworden“, bedauert Weinig, der den Spielern selbst nichts vorwerfen kann, „weil es genug Kollegen gibt, die es bezahlen“. Seiner Ansicht nach mache das Geld aber den Amateurfußball kaputt: „Die Gemeinschaft im Verein leidet darunter, wir haben als Verein dazu eine soziale Verantwortung der Gesellschaft gegenüber“, fordert Weinig ein Umdenken.

All das leitete die SKG dazu, über eine Spielgemeinschaft nachzudenken, Versuche bei umliegenden Vereinen in Hessen scheiterten aber zuletzt. „Dann haben wir gedacht, warum nicht mal über die Landesgrenze hinausgucken. Nach Bischofsheim haben wir immer schon einen guten Draht, die Gersfelder zieht es eher dorthin als nach Fulda. Wir wurden mit offenen Armen empfangen“, berichtet der Abteilungsleiter. Weil aber die Zeit zu knapp wurde und der bürokratische Aufwand für eine SG über zwei Länder zu groß, hatte sich der Verein dazu entschieden, dass die aktuell 15 verbleibenden Spieler geschlossen zum VfR wechseln und dort unter Bischofsheimer Flagge spielen. „Wir melden nicht ab, sondern wir melden nur keine Mannschaft mehr in Hessen“, klärt Weinig auf.

 

Der VfR hat aktuell eine Mannschaft im Spielbetrieb, die in der Kreisklasse Rhön kickt, vergleichbar mit der A-Liga. Eine zweite Mannschaft wird zur neuen Saison gemeldet, eine Klasse tiefer, trainiert von den Gersfeldern Julian und Patrick Klein. „Auch einen Torwarttrainer bringen wir mit“, so Weinig, der anfügt: „Vier, fünf Spiele sollen dann auch in Gersfeld ausgetragen werden, es muss ja weitergehen – Juniorenspiele finden sowieso weiterhin hier statt, das Vereinsleben ist weiter aktiv“. Mit dem Staffelleiter aus Unterfranken, Andre Nagelsmann, kein Geringerer als der Bruder des Bundestrainers, sei das abgeklärt, die Spiele in Gersfeld sollen so ausgetragen werden, dass die Gäste keine lange Anfahrt haben. Auch die beiden Mannschaften stehen in der neuen Saison auf festem Fundament: Neben den 15 Gersfeldern, die fix wechseln, sind noch zwei in der Schwebe, Bischofsheim stellt 22 Spieler ab. Die Gespräche mit Gersfeld führten von VfR-Seite der sportliche Leiter Helmar Scheuring und Vorsitzender Axel Braun. „Wir haben auch vereinbart, dass, wenn wieder genügend Leute da sind, alle wieder zurückwechseln könnten“, so Weinig.

Die Spieler der SKG jedenfalls seien, nach anfangs leichter Skepsis, nun positiv gestimmt und voller Vorfreude auf das Projekt. „Man lernt neue Sportplätze kennen, und die Kultur in Bayern ist ja auch eine ganz andere. Für unsere Spieler ist es der gleiche Weg, ob es nun Richtung Fulda oder Bad Neustadt geht“. Und eine Premiere wird es in der kommenden Saison nicht sein, fügt Weinig noch an: Sein Vater, früher im Vorstand aktiv, berichtete, dass sogar schon 1972 mal Heimspiele der SKG wegen Arbeiten am Sportplatz in Bischofsheim ausgetragen worden seien.